Patienten für eine Nacht

Die ungewohnte Nacht im Krankenhaus-Bett steckt vielen an diesem Novembermorgen in den Knochen. Für Markus Burzlaff kommt noch ein ordentlicher Muskelkater dazu. „Ausgerechnet von der Hockergymnastik“, schmunzelt der Personalleiter der PKL. „Ich hätte nie gedacht, dass das so anstrengend ist." Burzlaff ist einer der Kolleginnen und Kollegen aus der PKL, die am Tag davor ausnahmsweise mit dem Koffer zur Arbeit gekommen sind – um dann abends dort einzuchecken, wo später die ersten Patienten einziehen werden.

 

In eine andere Rolle schlüpfen

Probewohnen nennt sich die Aktion. Die Plätze für dieses außergewöhnliche und einmalige Experiment waren schnell ausgebucht.  „Wir aus der Verwaltung haben ja nicht so oft die Gelegenheit, die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen aus dieser Sicht zu erleben“, so Burzlaff, der sich gemeinsam mit 42 anderen Übernachtungsgästen – darunter auch einige Externe aus Politik und Verwaltung – in die Rolle eines psychiatrischen Patienten begeben hat.

"Man fühlt sich gleich richtig wohl"

Neben Hockergymnastik standen dabei in den vergangenen 16 Stunden auch Angebote wie tierbegleitete Therapie, metakognitives Training (MKT) und Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) auf dem Programm. Außerdem gab es ein Gruppenangebot zum Thema „Besser schlafen“. Vorträge über Architektur und Psychiatrie rundeten den Abend ab. „Das war eine ganz tolle Atmosphäre hier, man hat viele Leute aus anderen Berufsgruppen kennengelernt“, zeigt sich Simona Kronhofmann begeistert. Die Neuropsychologin gehört zu denen, die hier mit den Patienten auf vier Stationen einziehen werden. „Durch die Übernachtung steigt die Vorfreude, in diesen Räumen zu arbeiten. Es ist wirklich sehr schön hier. So hell und offen, man fühlt sich gleich richtig wohl.“

 

 

Dass sich das ganz sicher auch auf die Kollegen, insbesondere auf neue Fachkräfte und Azubis auswirken wird, da ist sich Anneke Moldenhauer sicher. „Ich hoffe, dass es ein Aushängeschild für moderne Psychiatrie in Deutschland wird“, so die Leiterin der Berufsfachschule für Pflege der PKL. Sie selbst hat sich auch in der Rolle als „Patientin auf Zeit“ wohlgefühlt. „Ich habe total gut geschlafen. Das Bett war bequem und das Zwei-Bett-Zimmer ist so groß, dass man sich darin fast verliert.“

Verbesserungspotenzial haben alle drei bei den Duschen gefunden, die noch nicht optimal eingestellt waren. Das wurde dann auch gleich an den Architekten weitergegeben, der ebenfalls ein Doppelzimmer bezogen hatte und ansonsten sehr viel Lob für das Gebäude bekam. „Der Sonnenuntergang oben auf dem Dachgarten war schon einmalig“, sind sich alle drei Übernachtungsgäste einig. In Zukunft steht der dann nicht nur den Patienten, sondern zum Teil auch allen Mitarbeitenden und Besuchern offen.

 

 

Ich hoffe, dass es ein Aushängeschild für moderne Psychiatrie in Deutschland wird."

Anneke Moldenhauer